Die Entstehung der Völker: Elfen, Echsen, Mitternachtsschatten, etc.
Kapitel 2: Die Entstehung der Völker
Und der Arkon sprach: „Das Licht hat gesungen, die Welt hat geantwortet. Nun sollen Stimmen erstehen, die sich selbst erkennen.“
So begannen die Völker Arcadias. Nicht auf einmal, nicht in gleicher Weise. Wie Töne aus verschiedenen Instrumenten erhoben sich die Geschöpfe aus Klang, Form und Geist.
I. Die Elfen – Kinder des Lichts
Aus dem Gewebe von Ael’nair und Lior, Traum und Klang, woben sich die Elfen. Sie erwuchsen in den Wäldern von Lyssarien, wo der Morgentau selbst zu flüstern schien. Ihre Haut schimmerte wie die Blätter im ersten Licht, ihre Stimmen waren sanft wie das Lied der Sterne.
Die Elfen waren die ersten, die dem Licht bewusst zuhörten. Sie lauschten den Bäumen, den Wellen, dem Wind. In allem hörten sie das Echo des Arkons. Und so wurden sie Bewahrer des alten Liedes. Ihre Schrift war ein Tanz aus Runen und Lauten, und ihre Sprache – das Lirael’théa – war voller Klangbilder und wandelbarer Formen.
Doch nicht alle Elfen waren gleich. Drei Stämme bildeten sich aus:
- Die Silvanyr, Waldelfen, die im grünen Gewölbe lebten, sanftmütig und weise.
- Die Alorai, Himmelswanderer, deren Seelen mit den Sternen tanzten.
- Die Kyraneth, Hüter des inneren Feuers, aus tieferen Wäldern und dunklerer Einsicht.
Sie lebten nicht in Häusern, sondern in Liedern. Ihre Städte waren Harmonien, ihr Werkzeug war Magie, geboren aus Einklang.
Doch mit der Zeit kam auch Zweifel: War Einklang genug? Oder verlangte die Welt nach Wandel? Und so sollte auch unter ihnen das erste Flüstern der Trennung wachsen…
II. Die Echsen – Flammen aus dem Süden
Wo das Land brannte und die Winde stöhnten, da schlüpften die Echsenkinder aus den Eiern der Erde selbst. Ihr Ursprung war Varion und Enareth – Wille und Gestalt. Sie trugen das Feuer in ihren Herzen und die Glut in ihren Adern.
Die Echsen nannten sich Dravonir, das Volk der Hitze. Ihre Körper waren gepanzert, ihre Augen wie geschmolzene Juwelen. Sie erbauten keine Städte – sie meißelten ihre Heimstätten in Vulkanhänge und Wüstenklippen. Ihre Sprache war zischend und rau – das Seth’kar, geformt aus Atem, Rhythmus und Lautstärke.
Ihr Gott war kein ferner Arkon – sie sahen ihn im Zorn des Feuers, im Brüllen der Erde. Für die Dravonir war der Weg kein Lied, sondern ein Kampf. Wer lebt, der kämpft. Wer kämpft, der wird gehört.
Doch auch unter ihnen schlummerte Weisheit. Die Feuerschamanen waren Seher und Erinnerer, die von Visionen des Lichts heimgesucht wurden. Nicht alle Dravonir wollten Krieg – einige glaubten an einen alten Einklang, den auch sie einst kannten.
Die Elfen nannten sie „die Verbrannten“, doch in Wahrheit waren sie Brüder – getrennt durch Temperament, nicht durch Ursprung.
III. Die Mitternachtskinder – Schatten im Zwielicht
In den Nebeln zwischen Tag und Nacht, dort, wo Ael’nair und Varion sich umarmen, wuchsen die Mitternachtskinder. Sie hatten viele Namen: Nythera, Vel’rain, Kyn’Ashtar. Doch sie selbst nannten sich nur die Wandelnden.
Sie waren aus Schatten gewoben, doch nicht finster. Ihre Haut war bleich, manchmal durchsichtig wie Rauch. Ihre Augen sahen mehr als Licht – sie sahen Wahrheit, Sehnsucht, Schuld.
Ihre Städte waren flüchtig: Nebelarchitekturen, die nur bei Mondschein erschienen. Ihre Sprache war das Nirval’kaar – eine Sprache, die mehr schwieg als sprach, voller Andeutungen, Duftsilben und Atempausen.
Die Mitternachtskinder verstanden das Herz der Welt, weil sie zwischen allen Welten wandelten. Sie waren weder Licht noch Dunkel – sondern die Brücke.
Doch aus Brücken können auch Schluchten werden. Einige Nythera wandten sich von allem ab – sie wurden Kassari, die Leeren. Sie vergaßen das Lied, den Ursprung, und wurden Jäger von Wahrheit, gleichgültig gegenüber Göttern.
Andere wurden Sternenwächter, wandernde Erzähler, Hüter des Gleichgewichts. Sie lebten, um zu erinnern – auch an das, was nie geschehen war.
IV. Weitere Völker und erste Begegnungen
Neben diesen drei Hauptlinien entstanden auch andere Wesen – teils durch Zufall, teils durch bewusste Formung.
- Die Arakae – Wesen aus Kristall und Echo, geboren in den tiefsten Höhlen von Arcadia. Sie sprachen in Tönen, nicht in Worten, und lebten jahrtausendelang ohne Wandel.
- Die Zarn – schwebende Intelligenzen, entstanden aus reinem Klang. Sie webten sich Körper aus Licht und Staub, doch ihre wahre Form war Idee.
- Die Halbauren – Mischlinge zwischen den Stämmen, oft verspottet, oft verkannt, doch Träger besonderer Gaben. Ihre Existenz kündete vom Wandel – sie verbanden, was einst getrennt war.
Die ersten Begegnungen zwischen den Völkern waren vorsichtig. Lieder wurden getauscht, Rituale beobachtet. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis Misstrauen wuchs.
Die Elfen schauten mit Sorge auf die Wildheit der Dravonir. Die Nythera hielten sich zurück, beobachtend. Die Halbauren versuchten zu vermitteln, wurden aber oft übergangen.
V. Vom Erwachen des Ichs
Was allen Völkern gemein war: Sie erwachten. Nicht nur zum Sein, sondern zum Ich. Sie begannen zu fragen. Wer bin ich? Warum bin ich? Wer ist der Arkon?
Mit dem Ich kam der Zweifel. Mit dem Zweifel die Spaltung. Doch auch Erkenntnis.
Einige Elfen begannen, den Arkon nicht mehr als Licht, sondern als Macht zu sehen. Einige Dravonir zweifelten an der Gewalt und suchten Frieden. Einige Nythera vergaßen, wie man träumt – andere lernten zu lieben.
Die Welt begann zu leben, in all ihren Widersprüchen.
Und der Arkon schwieg.
Nicht aus Gleichgültigkeit. Sondern weil das Lied nun selber sang.